SchülerInnen der MSS10 und Geschichtsstudierende der JGU Mainz erlebten am 17. Juni 2024 ein besonderes Theaterstück, das von Tino Leo am Gymnasium Nackenheim aufgeführt wurde. Der Schauspieler schlüpfte in dem rund 40 Minuten dauernden Ein-Mann-Stück in die Rollen über 10 verschiedener historischer Akteure (u.a. auch weibliche Perspektiven) des 19. Jahrhunderts und kontextualisierte so die Revolution von 1848/49 multiperspektivisch in ihrer Zeit. Als Requisiten dienten ihm hierzu lediglich eine Deutschland-Fahne, Kopfbedeckungen, ein Rucksack, ein Tisch und ein Stuhl. Neben dem Blick auf die Vorgeschichte der Revolution vom Wiener Kongress bis zum Hambacher Fest lag ein Schwerpunkt seiner Darstellung auf den im Paulskirchenparlament kontrovers geführten Debatten. Im Nachgespräch betonte Leo sein Bemühen um quellenorientierte Darstellungen und zugleich seine künstlerische Freiheit bei der Interpretation der historischen Akteure, so gab er ihnen jeweils bestimmte Körperhaltungen, ausdrucksstarke Gangarten, imitierte Dialekte, ließ sie historische Lieder singen, tanzen, flüchten, sich triumphierend freuen oder erschöpft zusammenbrechen.
Die emotionale Darstellung des Ringens um Einigkeit, Recht und Freiheit im 19. Jahrhundert blieb jedoch nicht als historisches Ereignis stehen, sondern wurde schon im Stück durch Leo in vielfältiger Weise mit der Gegenwart verknüpft. So stellte der Schauspieler etwa Bezüge zur Demokratie heute, zu Freiheitsrechten oder auch zur Rolle staatlicher Zensur und Fragen nach politischer Beteiligung und Repräsentation her.
Im angeregten Nachgespräch beantwortete der „Histotainer“ Fragen der SchülerInnen und Studierende. Dabei ging er auf die Gestaltung seines Rechercheprozesses vor der Konzeption der Stücke, auf die von ihm konsultierten Quellen und Medien, auf zukünftige Projekte und auf die Besonderheit der szenischen Umsetzung in einem Ein-Mann-Theaterstück ein.
In der geschichtsdidaktischen Lehrveranstaltung, in deren Rahmen die Exkursion zum Theaterstück stattfand, wurde in der folgenden Sitzung diskutiert, wie geschichtsdidaktisches Begleitmaterial zum Stück konzipiert werden könnte. Dabei stand konkret im Fokus, mit welchen Frage- und Gesprächsimpulse eine Dekonstruktion des Theaterstückes als geschichtskulturelles Produkt angeregt werden könnte. Die SchülerInnen stellten in ihrer Nachbesprechung die Mittel der szenischen Umsetzung, ihre Wirkung sowie die Analyse einer historischen Bildquelle zur Revolution von 1848/49 ins Zentrum.
Die Aufführung des Stückes wurde durch verschiedene fördernde Institutionen ermöglicht, denen wir an dieser Stelle ausdrücklich danken möchten: Neben der Landeszentrale für Politische Bildung Rheinland-Pfalz und dem Förderverein des Gymnasiums Nackenheim wurde das Stück vom Verein der Freunde der Geschichtswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz finanziell unterstützt und so die Aufführung für SchülerInnen und Studierende in diesem Rahmen ermöglicht.