Schulausflug zur Gedenkstätte Osthofen

Seit einigen Jahren schon besuchen die Ethik- und Religionskurse der 10. Klasse des Gymnasiums Nackenheim jährlich die Gedenkstätte Osthofen.

Anfang März 1933 wurde die stillgelegte Papierfabrik zu einem Konzentrationslager umfunktioniert. Das Konzentrationslager wurde durch die nationalsozialistische Propaganda als „Umerziehungs- und Besserungsanstalt“ bezeichnet. Inhaftiert waren politisch Oppositionelle (Mitglieder der SPD, KPD und des Zentrums, Kommunisten, …). Offiziell war das KZ Osthofen nicht spezifisch antisemitisch und offiziell soll es auch keine Todesfälle in dieser Einrichtung gegeben haben.

Das KZ Osthofen wurde bereits im Juli 1934 wieder aufgelöst. Das Gebäude wurde anschließend im Oktober 1936 zwangsversteigert und als Möbelfabrik (Hildebrand & Bühner G.m.b.H.) genutzt, weshalb heute keine Spuren spezifisch von den Inhaftierten zu finden sind.

Seit 1978 ist an der Außenmauer des Gebäudes eine Gedenktafel mit der Inschrift „HIER WAR 1933-35 DAS HESSISCHE KZ LAGER OSTHOFEN  NIEMALS WIEDER!“ zu finden.

Am 21. Dezember 2021 erhielten die Ethik- und Religionskurse der 10. Klasse des Gymnasiums Nackenheim eine Führung durch die Gedenkstätte Osthofen. Die SchülerInnen wurden über die Entstehung, Auflösung und Lage des Konzentrationslagers Osthofen, den Alltag der Inhaftierten u d die Reaktionen der Anwohner informiert. Deshalb trägt auch die aktuelle Sonderausstellung de Namen „Einige waren Nachbarn“. In Vorträgen und Rundgängen wurden der Schülerschaft folgende Informationen unterbreitet:

 

Alltag: Die Inhaftierten schliefen in einem großen Schlafsaal auf selbstgebauten Pritschen aus Holzresten. Aufgrund des nass- kalten Klimas wurden die meisten Inhaftierten schnell krank. Schwerwiegende Lungenerkrankungen waren nicht selten, wobei vom Lagerarzt keine Hilfe zu erwarten war. Um das Image der „Erziehungs- und Besserungsanstalt“ zu bewahren wurden Kranke entlassen, bevor sie im Lager selbst verstarben. Morgens hatten die Inhaftierten nur wenig Zeit, um zu essen und sich zu waschen, wobei man hier eigentlich wohl kaum von „waschen“ sprechen kann, da nur ein Haufen Sand bereitstand, um den gröbsten Schmutz von Körper zu reiben. Über den Tag hin verteilt erhielten die Inhaftierten sinnlose Aufgaben, wie beispielsweise den Sandhaufen ohne Werkzeuge in verschiedene Ecken des Hofes zu transportieren, nur um wieder am Ausgangspunkt anzukommen. Diese Aufgaben waren dazu da, um den Willen und den Geist zu brechen. Am „beliebtesten“ waren Aufgaben Außerhalb (z.B. in den Weinhängen), da die Inhaftierten dort nicht nur, wenn auch nur für kurze Zeit, aus dem Lager herauskamen, sondern auch weil sie mit etwas „Glück“ von den Anwohnern etwas zu Essen bekamen. Das Essen im KZ Osthofen bestand aus einer Mischung aus Suppe und Eintopf aus Lebensmitteln, welche aus der Umgebung übrig blieben. In einem großen Topf kochte täglich ein Insasse die Lebensmittelreste zusammen und streckte alles mit Wasser, sodass gerade „genug“ für alle da war.

Im Schlafsaal kamen teilweise bis zu 80 Männer zusammen. Da, obwohl alle gegen den Nationalsozialismus waren, die Verschiedenen Gruppierungen (v.a. Kommunisten und Sozialdemokraten) unterschiedliche Meinungen hatten, sorgten die Wärter immer wieder für Streitereien, um zu verhindern, dass sich alle Inhaftierten zusammenschlossen, da die Wärter in der Unterzahl und nicht vollständig ausgerüstet waren. Juden worden von den Wärtern schlechter behandelt.

Anwohner: Jeder wusste, dass mitten im Ort das Konzentrationslager stand. Jedoch stellten die Nationalsozialisten in ihrer Propaganda das KZ als eine Anstalt dar, in der den Menschen geholfen werden würde. So wurden viele Presseberichte veröffentlicht, in denen angepriesen wurde, wie gutes Essen selbst politische Gegner bekamen. Den Schüler/innen des Gymnasiums Nackenheim wurde so ein Zeitungsfoto gezeigt, auf dem die Inhaftierten in guten Anzügen vor einem guten Essen saßen. Anschließend wurde erklärt, dass das Foto gestellt wurde.  Die Inhaftierten hatten nur für das Pressefoto Seife zum Waschen bekommen und auch nur die noch am gesündesten Insassen wurden für das Foto ausgewählt. Auch das Essen war eigentlich nur für die Wärter bestimmt und durfte von den Insassen nicht angerührt werden. Diese Propaganda hielt die Anwohner davon ab zu genau hinzusehen. Außerdem sorgten die sinnlosen Arbeiten der Inhaftierten dazu, dass sie nach kurzer Zeit (meist ein paar Wochen und nur selten Monate) „gebrochen“ entlassen wurden und aus Demütigung oder Angst nicht über ihre Zeit im Konzentrationslager sprachen. Dennoch reichten einige Anwohner Essen und Kleidung über das Tor den Inhaftierten zu.

Lage: Der im Alltagsexkurs beschriebene Alltag trifft nur auf Lager 1 (dem großen Schlafsaal) zu. Es gab auch noch das Lager 2. In diesen Lager 2 waren die Umstände (Hygiene, Nahrung, …) deutlich fataler. Die Inhaftierten wurden in, dem in einer nahegelegenen Holzmühle liegenden, Lager 2 einzeln isoliert inhaftiert. Auch bekamen die Insassen dort auch kaum Nahrungsmittel, sodass Inhaftierte in Lager 2 noch stärker und schneller abmagerten, als die Inhaftierten in Lager 1. Auch diente Lager 2 als Abschreckung und Warnung an die Inhaftierten aus Lager 1, um diese davon abzuhalten, sich zu wehren.

Der Lagerarzt des KZ Osthofen kann nicht wirklich als Arzt bezeichnet werden. Dieser Arzt stellte lediglich zu Beginn der Haft eines jeden Insassen eine Bescheinigung aus, um zu belegen, dass die Männer arbeitsfähig und gesund seien. Diese Bescheinigung was meistens eine Lüge. Auch behandelte der Lagerarzt erkrankte Insassen nicht und war meist gar nicht erst auf dem Gelände aufzufinden.

 

Durch den Ausflug konnte der 10. Jahrgang sehr viele Eindrücke und Informationen sammeln. Das Programm war informativ und sehr detailliert gestaltet.

 

Der Schlafsaal / Lager 1 (heute)

Gedenkstätte Osthofen / Außenansicht (heute)

Propagandafoto der Nationalsozialisten

 

Bildquellen:

Gedenkstätte KZ Osthofen | Land of Memory (land-of-memory.eu)

Gedenkstätte KZ Osthofen/NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz – Verortungen

Gedenkstättenportal zu Orten der Erinnerung in Europa (memorialmuseums.org)

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