„Guten Tag, ich komme aus dem Knast!“

Mit diesen Worten begrüßte Pfarrer Fetthauer die SchülerInnen des Grundkurses ev. Religion der MSS 10, um in den folgenden bewegten 90 Minuten über die Seelsorge im Justizvollzug zu berichten.

In seinem Bericht bezog er sich insbesondere auf seine Erfahrungen, die er als Seelsorger in der JVA Rohrbach bei Wöllstein machte. So erzählte er, dass die allermeisten Häftlinge dieser JV A wegen Diebstahl, Missbrauch von Betäubungsmitteln, Körperverletzung und Betrug bis zu 5 Jahren einsitzen. Deren Tagesablauf beginnt um 5:45 Uhr mit der Lebendkontrolle und wird durch die Mahlzeiten (Frühstück: 6:15 Uhr, Mittagessen: 12:30 Uhr, Abendessen: 14:45 Uhr) gegliedert und endet um 20:30 Uhr. Wenn jemand keiner Arbeit im Gefängnis nachgehen kann, verbringt er die allermeiste Zeit des Tages – auch die Mahlzeiten – in seiner Zelle. Darüber hinaus beschrieb er die Rolle eines Gefängnisseelsorgers als essentiell, da er neben den anderen Fachdiensten wie z.B. dem psychologischen Dienst und Sozialdienst keinerlei Aufzeichnung über die Gespräche mit den Gefangenen oder den Bediensteten zu führen hat und alle Gespräche dem Seelsorgegeheimnis unterliegen. Pfarrer Fetthauer beschrieb als schwierige Rahmenbedingungen im Gefängnis u.a. Süchte, seelische Erkrankungen, Sprachbarrieren, die Personalnot und das Phänomen, dass hinter jeder Tat auch ein Opfer steht.

Immer wieder unterbrachen die SchülerInnen den Bericht mit ihren Fragen, wie z.B., warum die JVA in Wöllstein nicht Wöllstein, sondern Rohrbach heißt oder ob man bei so einem Tagesablauf nicht durchdrehen würde oder was ein Gefängnisseelsorger machen würde, wenn ihm von einem Insassen anvertraut werden würde, dass er nach dem Absitzen seiner Strafe jemanden umbringen wird. Pfarrer Fetthauer beantwortete alle Fragen aus seinen Erfahrungen heraus und half so, das Wissen, was die SchülerInnen in diesem Schuljahr beim Thema Anthropologie erworben haben, zu vertiefen. Die Unterrichtsstunde endete mit der Frage einer Schülerin, ob er nicht noch einmal wiederkommen könne.

(von Jens Dölschner, Schulseelsorger)

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